Ein typisches Merkmal hochsensibler Menschen besteht darin, dass sie sehr gerne tiefsinnige Gespräche führen und es ihnen häufig nicht leicht fällt, in bestimmten Situationen sich an Smalltalkthemen zu beteiligen. Ich selbst kenne das von mir auch sehr gut und habe mich daher in der letzten Zeit mit diesem Thema näher beschäftigt.
Die Bedürfnisse und Fähigkeiten im kommunkativen Bereich sind bei hochsensiblen Menschen anders als bei normalsensiblen Menschen. Diese Unterschiede zu verstehen kann einige Kommunikationsschwierigkeiten diesbezüglich vereinfachen meiner Ansicht nach.
Ich selbst finde es sehr schön, bereichernd und stärkend, wenn ich mich mit Menschen tiefsinnig über Gedanken, Gefühle und Erfahrungen vertrauensvoll austauschen kann. Solche tiefgreifenden Gespräche empfinde ich als entspannend und keineswegs als anstrengend. Hochsensible Menschen sprechen sehr gerne detailliert und intensiv über interessante Themen, über persönliche Erfahrungen oder ihr Gefühlsleben, wenn sie bei ihrem Gesprächspartner Interesse, Empathie und Offenheit diesbezüglich wahrnehmen. Sie teilen gerne Persönliches mit vertrauten Personen in Gesprächen . Mit ihren Gesprächspartnern fühlen sie intensiv mit und sind an der inneren Welt von anderen Menschen sehr interessiert.
Hochsensible wissen es sehr zu schätzen, wenn sie ehrliches Interesse an ihrer Person bei ihrem Gegenüber spüren. Sie sind zudem meist sehr gute Zuhörer und empfinden es als etwas sehr Schönes, wenn auch ihnen wirklich zugehört wird. Da sie es oft eher gewohnt sind, ihre Gefühle und Gedanken für sich zu behalten, ist es sehr wohtuend, wenn jemand ernsthaft Interesse zeigt und gesagtes nachvollziehen kann. Solche Begegnungen können das Herz hochsensibler Menschen sehr berühren und gerade im Austausch zwischen Hochsensiblen kommt es häufig zu diesen schönen Erlebnissen, wenn gegenseitig aufeinander eingegangen wird. Dies wird als sehr entspannend und bereichernd erlebt. In Gesprächen empfinden hochsensible Menschen Aufrichtigkeit, Warmherzigkeit, Tiefsinnigkeit, Empathie, Intelligenz, die Fähigkeit zu reflektieren, zu Fehlern zu stehen und zu lernen als sehr beeindruckend.
Hochsensible haben meist eine sehr differenzierte Meinung und können durchaus über diese sehr reflektiert und detailliert sprechen oder auch diskutieren. Eine einfache nicht hinterfragte Aussage reicht ihnen dagegen oft nicht aus. Daher sind allgemeine Urteile , die nicht auf einer reflektierten Meinung basieren, häufig ungünstige Gesprächsthemen in Unterhaltungen mit Hochsensiblen.
In vielen Situationen ist es nun aber nicht immer möglich sich tiefsinnig auszutauschen . So kann es beispielsweise in der Arbeitswelt wichtig sein, sich auch an Smalltalkthemen zu beteiligen, um nicht ausgeschlossen zu sein in Unterhaltungen. Oft fallen hochsensiblen Menschen diese Situationen sehr schwer. Sie überlegen lange, was sie zu einem der Smalltalkthemen sagen könnten und dann sind die anderen schon längst bei einem anderen Thema, wenn ihnen etwas passendes dazu eingefallen ist. Dies kann sehr anstrengend und auch frustrierend sein. Oberflächliche Themen langweilen hochsensible Menschen oft sehr schnell und sie ziehen sich aus diesen Themen oft zurück. Da sich Smalltalk nie ganz vermeiden lässt, ist es meiner Ansicht nach wichtig, damit umgehen zu können beziehungsweise zu verstehen, was dahinter steckt sozusagen. Denn für das menschliche Miteinander ist es oft sehr förderlich Smalltalk zu können beispielsweise, um neue Menschen überhaupt kennenlernen zu können und somit vielleicht auch sehr interessante Bekanntschaften zu machen.
Mittleweile kann ich Smalltalk auch einigermaßen gut hauptsächlich auch aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen, bei der ich mich immer wieder auf neue sehr unterschiedliche Menschen einstellen muss, um mit ihnen zu arbeiten zum Beispiel in beratender Tätigkeit. Allerdings ermüdet mich Smalltalk oft schnell , wenn ich länger damit konfrontiert bin. Häufig lenke ich das Gespräch dann in etwas tiefgründigere Themen, natürlich nur sofern dies in der Situation überhaupt Sinn macht. Dann empfinde ich das Gespräch als nicht mehr anstrengend.
Gerade für Hochsensible ist es aus solchen Gründen daher wichtig sich bewusst zu machen, dass Smalltalk durchaus seine Funktion und Aufgabe hat, der man sich oft nicht wirklich bewusst ist. Sehr lange Zeit habe ich nicht verstanden, warum die Menschen so angeregt über für mich völlig unbedeutende Themen oft sprechen, wie über Dinge, die gerade in den Medien sehr aktuell sind, über Kleidung oder über das Wetter. Mir erschien dies einfach nur sehr oberflächlich und es macht mir Mühe, da wirklich mitzureden. Ich vermisste die Tiefe und Persönliches in solchen Gesprächen und versuchte manchmal selbst tiefsinnige Themen einzubringen, was aber oft dazu führte, dass ich damit eher aneckte. Die tieferen Themen überforderten dann wiederum manchmal die anderen und das Thema wurde daher wieder schnell gewechselt. Diese Erfahrung machen sehr viele Hochsensible und fühlen sich oft damit als Aussenseiter in bestimmten Situationen.
Als ich vor einigen Jahren meine Hochsensibilität entdeckte und mir einiges dadurch klarer wurde, klärte sich auch mein Unverständnis für solche Gesprächssituationen insofern auf, als mir bewusst wurde, dass meine Bedürfnisse diebezüglich sich von den normalsensiblen Menschen unterscheiden. Hochsensible untereinander gehen wie oben beschrieben sehr schnell und gerne in Gesprächen in die Tiefe und fühlen sich dort wohl, sicher und verstanden. Von Smalltalk dagegen verstehen sie oft sehr wenig und fühlen sich dabei unsicher. Mit diesem Wissen konnte ich mich zwar immer noch nicht besser an Smalltalk beteiligen, aber ich befasste mich daraufhin mehr mit dem Thema, um es zu verstehen und um mich besser an bestimmten Gesprächen beteiligen zu können, wenn dies notwendig ist.
Smalltalk kann man verstehen und ihn wie eine eigene Sprache für bestimmte Situationen, die sich nicht vermeiden lassen manchmal, erlernen. Gerade aufgrund ihrer Empathie und Wahrnehmung können hochsensible Menschen sich das auch gut aneignen.
Zur Bedeutung von Smalltalk
Kommunikation hat immer zwei Seiten, eine verbale und eine nonverbale. Die verbale Botschaft ist das, was an inhaltlichen Fakten mitgeteilt wird. Die nonverbale Botschaft besteht aus Gestik, Mimik, dem Tonfall und dem Klang der Stimme beispielsweise. Wir nehmen unbewusst diese nonverbalen Aspekte sehr viel intensiver auf als die wirklichen Inhalte, über die gesprochen wird.
Meistens erwarten hochsensible Menschen, dass die verbale und die nonverbale Botschaft eine gleichwertige Rolle spielen. Dies ist jedoch beim Smalltalk keineswegs so. Die verbalen Inhalte haben hierbei kaum eine Bedeutung. Da diese Botschaft hier überwiegend als Trägerin von nonverbalen Aspekten dient. Hierbei spielt demnach hauptsächlich Nonverbales eine Rolle.
Bleibt man auf der inhaltlichen Ebene unverbindlich und oberflächlich, bietet sich die Möglichkeit andere hinsichtlich nonverbaler Aspekte kennenzulernen hinsichtlich des Charakters, des Tonfalls der Stimme oder der Ausstrahlung. Auf diese Weise kann man auch gut erkennen, ob jemand einem sympathsich sein könnte oder eben nicht. Wenn ich feststellen muss, dass mir jemand keineswegs sympathisch ist, hat der Smalltalk den großen Vorteil, das Gespräch leicht wieder zu beenden, ohne dass der andere sich abgelehnt fühlen muss, da es nur um unbedeutende Inhalte ging und nicht um wirklich Persönliches. Umgekehrt können auch wir dem anderen nonverbal beim Smalltalk leicht signalisieren, ob wir ihn sympathisch finden, indem wir zu einem uns angenehmen Menschen beispielsweise einen Blickkontakt herstellen oder zu ihm mit warmherziger, freundlicher Stimme sprechen. Da man nur über Belangloses spricht, haben die Gesprächspartner viel Kapazität und freien kognitiven Speicher, um auf das Nonverbale zu achten.
Falls wir unseren Gesprächspartner dann sympathisch finden, haben wir die Möglichkeit auf der inhaltlichen Ebene tiefsinniger zu werden. Nun können wir über Themen sprechen, die uns schon etwas mehr bedeuten und nicht nur oberflächlich oder langweilig erscheinen. Je nachdem wie der andere daraufhin nonverbal reagiert, kann man sich dementsprechend verhalten und entweder wieder zurück zur Smalltalkebene wechseln oder das Gespräch weiterhin vertiefen bei beidseitigem Interesse. Da Hochsensible Smalltalk generell meist nicht besonders mögen, ist es gut, wenn sie selbst bei positivem Verlauf auch aktiv das Gespräch auf tiefere Themen lenken. Dieses Aktivwerden wird erleichternd sein und man fühlt sich dem Gesprächsverlauf nicht mehr ausgeliefert. Zudem kann man anderen dadurch zeigen, dass es durchaus angenehm und interessant sein kann über Tiefsinniges zu sprechen. Dies kann andere auch sehr bereichern. Denn es gibt wirklich wesentlich interessantere Themen als oberflächliche Smalltalkthemen. Ich bin immer sehr froh, wenn diese Smalltalkphase beendet ist und fühle mich dann viel freier und entspannter.
In den inhaltlichen Tiefen eines Gespräches fühlen sich normalsensible Menschen oft nicht so wohl und sicher wie hochsensible Menschen. Dies ist wichtig sich bewusst zu machen. Die sehr differenzierte Wahrnehmung der Hochsensiblen kann ihnen schnell zu viel werden. Sie können das, was von hochsensiblen Menschen als empathisch beabsichtigt war, als Übergriff empfinden oder sich irgendwie unangenehm berührt fühlen, da sie nicht wirklich über Persönliches sprechen wollten. Als hochsensibler Mensch habe ich durch den Smalltalk und das Beachten der nonverbalen Aspekte die Möglichkeit zu spüren, wie nah ich einem Mensch inhaltlich kommen darf und wozu er in einem Gespräch thematisch bereit ist. Gerade wir Hochsensiblen haben dafür ein gutes Empfinden und daher ist Smalltalk auch wirklich sinnvioll in dieser Hinsicht.
Treffe ich bei einem Gespräch auf einen ebenfalls hochsensiblen Menschen wird dagegen die Smalltalkphase sehr schnell beendet sein und man geht direkt zu tieferen Themen über. Das ist auch meine persönliche Erfahrung gerade auch bei den regionalen Treffen für Hochsensible.
Generell ist es für hochsensible Menschen sehr erleichternd, wenn direkt zu interessanteren Themen gewechselt werden kann, da die Themen, die bei Smalltalk so üblich sind, für Hochsensible oft sehr uninteressant sind. Sie interessieren sich beispielsweise kaum für irgendwelche Statussymbole, Prahlereien oder anderes, womit sich einige Menschen versuchen besonders ins Rampenlicht zu stellen. Dies beeindruckt sie keinesfalls. Oberflächlichkeit, Heuchelei, Manipulation oder Provokation werden zudem als sehr unangenehm empfunden.
Was die nonverbale Ebene angeht ist demnach Smalltalk gar nicht oberflächlich, Mit Hilfe von Smalltalk kann ich erreichen, dass sich auch sehr unterschiedliche Menschen mit mir wohl fühlen können. Dies kann sehr wichtig sein, um Gespräche locker zu beginnen und einen Menschen überhaupt kennenlernen zu können. Gerade im beruflichen Bereich habe ich das schon oft erlebt und nutze dies auch, um Gespräche ins Laufen zu bringen sozusagen. Somit erlebe ich den Smalltalk mittlerweile auch als etwas sehr Sinnvolles, um in bestimmten Situationen mit Menschen in Kontakt zu kommen und hierdurch auch neue interessante innere Welten eventuell kennenlernen zu können bei anderen.